Mich hat sie damals mit "1989" gekriegt, das ich auch eher zufällig komplett gehört habe, nachdem ich "Shake It Off" ganz gut fand. Die Singles von dem "Red"-Album fand ich schon nicht schlecht, aber "1989" war dann auch das erste Album, das ich mir komplett angehört habe - und ich muss sagen, dass ich es bis heute als ihr bestes Album empfinde. Die Songs gehen allesamt ins Ohr und sind auch nach 10 Jahren noch genauso gut hörbar wie am ersten Tag (inzwischen dann auch als neu aufgenommene "Taylor's Version").
Was die Vermarktung betrifft ist sie ja auch inzwischen Vollprofi. Da werden von jedem Album nach und nach mehrere Cover-Varianten rausgehauen, dann kommt irgendwas mit erweiterter Tracklist - und die Hardcore-Fans haben am Ende 27 Kopien von ein und demselben Album im Regal stehen. Die alten Alben kommen als "Taylor's Version" neu raus und werden dann auch in verschiedenen Varianten veröffentlicht, wo dann auf der einen ein Bonustrack drauf ist, den es auf der anderen wieder nicht gibt - das ist die reinste Goldgrube. Würde mich nicht wundern, wenn vom unlängst angekündigten "The Tortured Poets Department" auch noch mehrere Varianten angeboten werden, bis das Album dann im April veröffentlicht wird.
Alleine von ihrer Musik kommt der Hype um sie aber nicht. Sie ist talentiert, gar keine Frage und feuert auf ihrer "Eras"-Tour nach allem was man so hört und liest eine Show ab, die ihresgleichen sucht (bin im Juli in Gelsenkirchen selber dabei und freu mich schon drauf). Aber es ist auch das Drumherum, das diesen Hype ausmacht. Sie relativ skandalfrei (von ihrem Männerverschleiß mal abgesehen), wirkt für ihre Fans nahbar mit irgendwelchen Fan-Aktionen und es können sich wohl viele mit ihr identifizieren. Sie hat auf der Straße angefangen und ist langsam zum Superstar geworden, im Prinzip ist sie das weibliche Gegenstück zu Ed Sheeran. Wobei ich dem seine nahbare Art eher abnehme als Taylor, alleine schon durch solche Aktionen wie in Frankfurt, als er nach dem Konzert im Stadion einfach mal auf dem Oktoberfest nebenan ins Zelt gestolpert kam und da mit den Leuten weitergefeiert hat. Trotzdem wirkt Taylor so, als hätte sie nicht die Starallüren, die z. B. eine Mariah Carey an den Tag legt. Sie ist einfach Everybody's Darling, wobei es eben manchen auch schon zu perfekt erscheint, um wahr zu sein.
Wobei dieser Hype aber schon irre Züge annimmt. Ich mag ihre Musik, habe auch einige Alben auf Vinyl oder CD im Regal stehen (teilweise auch als handsignierte Edition), aber inzwischen sind wir ja wirklich soweit, dass darüber spekuliert wird, inwiefern sie die US-Wahlen beeinflussen kann. Ist jetzt in dem Fall nicht unbedingt die schlechteste Ausgangslage, sollte es wirklich zur Neuauflage Biden vs. Trump kommen, aber dafür, dass sie eigentlich Musikerin ist, wird sie da ja inzwischen von manch einem verehrt wie der Messias.
Aber egal wie, es wäre auf jeden Fall schön, wenn Taylor nicht irgendwann so abdriftet wie eine Britney Spears, eine Madonna oder noch schlimmer eine Whitney Houston, sondern weiter der skandalfreie Superstar bleibt. Wobei dieser riesige Hype ja auch erst in den letzten 3-4 Jahren aufkam und wer weiß, wie lange er überhaupt anhält. Aktuell haut sie ja regelmäßig neue Musik raus, aber zumindest die Neuaufnahmen der alten Alben sind ja schon nahezu abgeschlossen (es fehlen doch nur noch "Reputation" und ihr Debüt "Taylor Swift"), sodass zumindest da das meiste Pulver verschossen sein dürfte. Für neue Alben hat sie ja mehr oder weniger einen 2-Jahres-Rhythmus, wobei sie mit ihrer Vermarktungsstrategie ja selbst noch von älteren Alben nachträglich Megahits landet, wie z. B. letztes Jahr mit "Cruel Summer" vom 2019er-Album "Lover". Das muss man auch erst mal schaffen.