Killers of the Flower Moon wird wohl meine größte Kinoenttäuschung dieses Jahr gewesen sein. In den letzten Wochen des Jahres starten zwar noch einige Filme auf die ich gespannt bin, aber auf auf keinen setze ich so große Erwartungen, wie ich es auf den neuen Scorsese getan habe.
Für Scorsese ist es toll, dass Apple ihm stolze 200 Millionen USD zur Verfügung gestellt hat. Für mich ist es der Grund, warum ökonomisches, effizientes, einnehmendes Erzählen bei Streaming-Projekten eine Seltenheit ist und immer wieder komplett unter die Räder kommt. Denn für das, was Scorsese da erzählen will, ist die exzessive Laufzeit vollkommen ungerechtfertigt und macht aus meinem Kinobesuch letztlich ein anstrengendes Filmerlebnis.
Die Buchvorlage von David Grann habe ich vor einiger Zeit gelesen. An die zwischenmenschlichen Details darin konnte ich mich nicht mehr erinnern, aber der soziopolitische, historische Kontext und der schiere Umfang an Personen und Ereignissen waren mir präsent. Im Vorfeld dachte ich deswegen, 3 1/2 Stunden sind bei den großen Verflechtungen unter den handelnden Personen und der kulturell wenig bis überhaupt nicht beleuchteten Geschichte unbedingt notwendig. In Scorseses und Roths Adaption von
Killers of the Flower Moon beschränkt sich der Fokus allerdings auf einen Aspekt der Geschichte und reitet auf diesem bis zu seinem (erzählerischen) Tode herum. Sich auf die Beziehung zwischen Mollie und Ernest konzentrieren zu wollen, ist natürlich ein legitimer Ansatz, nur fehlte mir dann dafür die Begründung der Notwendigkeit dies so auszuwalzen, ohne dabei jedoch der Beziehung so auf den Grund zu gehen, sie zu sezieren und zu adaptieren, dass eine Entwicklung oder neue Aspekte darin aufgezeigt werden.
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White’s character still features in the film – played admirably by Jesse Plemons – but DiCaprio says he and Scorsese pushed to bring Gladstone’s character, Mollie,
to the fore instead.
“It just didn’t feel like it got to the heart of it,” DiCaprio admits. “
We weren’t immersed in the Osage story. [...]"
âWe Are Coming Towards A Great Reckoningâ: Lily Gladstone & Leonardo DiCaprio On Their Searing Period Drama, âKillers of the Flower Moonâ
Krass finde ich auch, dass erst in überarbeiteten Versionen des Drehbuchs die Perspektive der Osage und Mollies in den Mittelpunkt gerückt wurde. Ich sehe diese Perspektive nicht im Zentrum des Films. Mollie ist für einen Großteil des Films passiv und rückt immer weiter in den Hintergrund. Deswegen verstehe ich die Lobpreisungen für Lily Gladstone nicht, sie hat vom Drehbuch kaum Material zum Arbeiten bekommen (im Gegensatz zum Make-Up-Department). Auch die anderen Osage werden entweder als komplett machtlose, gleichbleibende Figuren dargestellt oder gar als bloße Namen. In ihr Innenleben wird zu selten vorgedrungen. Der inszenatorische Mittelpunkt
z. B. bleiben wir vordergründig bei Ernest, wenn Mollie vom Tode ihrer Schwester Reta erfährt und sehen nur seine Reaktionen in Close Upsist aus meiner Sicht die Hale-Ernest Beziehung und dadurch der Fokus auf den geldgierigen, machthungrigen und skrupellosen amerikanischen Kapitalisten (Mantra: "I'm a businessman."). Und das ist leider der Aspekt der amerikanischen Historie, der bereits umfangreich filmisch repräsentiert wurde. Bei der reichen Vorlage und dem Team in der Produktion sollte mehr zu erwarten sein.
Fazit: Lest lieber das Buch.
5/10